Hier finden Sie den ausführlichen aktuellen Geschäftsbericht 2024 der Mindful Change Foundation inklusive finanziellem Bericht als pdf-Datei.
Der Schwerpunkt unserer Arbeit lag auch in diesem Jahr bei Projekten in der Elfenbeinküste und in Burkina Faso. Hinzugekommen ist ein Projekt in Kamerun sowie ein Projekt auf der Insel Flores in Indonesien. Wir sind sehr gespannt wie sich die neuen Projekte in Kamerun und Indonesien entwickeln. Für uns bedeutet das, weitere konkrete Erfahrungen über die Situation psychisch kranker Menschen in anderen Ländern zu bekommen, mitzuerleben, welche Hilfsmöglichkeiten und auch welche Schwierigkeiten es dort gibt. Möglicherweise können sich auch die Mitarbeiter der verschiedenen Projekte im Rahmen von MCF über ihre Erfahrungen und Pläne austauschen. Wir möchten weiter sinnvolle und Erfolgversprechende Projekte auf verschiedene Weise unterstützen, die sich dann mit unserer Hilfe und evtl. der Hilfe anderer Organisationen zu Modellprojekten entwickeln können. Eine umfassendere Versorgung in einem Land streben wir nicht an, aber wir möchten daran mitwirken, dass die Aufmerksamkeit auf diese schwerwiegenden Probleme gelenkt wird und Lösungen deutlicher werden.
Ein weiterer wichtiger Schritt war die Gründung eines Beirats.
Wir berichten im Folgenden über die einzelnen Projekte:
1. Elfenbeinküste: Samentacom & Camppsy
2. Burkina Faso: Yenfaabima
3. Kamerun: Hand on Heart Cameroon
4. Flores, Indonesien: Kelompok Kasik Insanis & Jiwa Merdeka
5. Die Gründung eines Beirats.
Unser Basisprojekt war 2024 weiterhin das SAMENTACOM-Projekt (Santé Mentale Communautaire), das die ambulante Versorgung der Patient*innen mit schweren psychischen Erkrankungen und mit Epilepsie in der ländlichen Region rund um Bouaké zum Ziel hat. Es erfolgt in Zusammenarbeit mit unserer Partnerorganisation Mindful Change Foundation — Cote d’Ivoire (MCF-CI), einer ivorischen NGO, die mit der Universität in Bouaké und dem Nationalen Programm für Psychiatrie kooperiert. Es hat den Charakter eines Modellprojekts, mit dem gezeigt werden soll, dass und wie eine solche Versorgung zu erschwinglichen Kosten organisiert werden kann. Zentral für das Konzept ist die ambulante und aufsuchende gemeindepsychiatrische Arbeit in Kooperation mit den bereits existierenden Gesundheitsstationen, die bisher für die Diagnostik und Behandlung psychischer Krankheiten nicht gerüstet waren. Daher werden Krankenpfleger:innen und andere Helfer:innen in den Gesundheitsstationen auf dem Land entsprechend ausgebildet. Der Leiter des Programms, Prof. Koua, wurde 2023 zum Leiter der Abteilung für psychische Gesundheit im Gesundheitsministerium der Elfenbeinküste ernannt.
Gut entwickelt hat sich auch das Projekt CAMPPSY unserer Partner-Organisation MCF-CI, das wir seit 2023 mit Unterstützung der Schmitz-Stiftung finanzieren. Der Großteil der psychisch kranken Menschen in der Elfenbeinküste lebt in sogenannten Gebetscamps. Aufgrund des Glaubens, dass psychische Krankheiten und Epilepsie durch böse Geisterverursacht sind, wird dort nicht nur für sie gebetet, sondern sie können auch Fastenkuren und Schlägen ausgesetzt werden, um die bösen Geister zu vertreiben. Nicht wenige werden angekettet, und dies über Jahre. Ziel des Projekts ist es, die Kranken in diesen Camps zu erreichen und eine Kooperation mit den Leitern der Camps zu institutionalisieren. Auch bei diesem Projekt handelte es sich um ein Modellprojekt, bei dem 80–100 Patientinnen in 10 Camps behandelt wurden. Zu Beginn waren 21 Patientinnen angekettet. Nach drei Monaten Laufzeit war es möglich, alle von den Ketten zu befreien und nach 6 Monaten war über die Hälfte der Patient*innen nach Hause entlassen.
Als Michael Huppertz und Mania Kroll im Frühjahr 2024 einige dieser Camps besuchten, begegneten sie einer bewegenden Dankbarkeit von Patient*innen, Angehörigen, Mitarbeitern des Projekts und sogar von den Leitern der Camps, die die guten Verläufe teilweise so erklärten, dass durch die Medikamente ihre Gebete eine größere Wirkung erzielen.
Das Team in der Elfenbeinküste plant mit unserer Unterstützung, die Zusammenarbeit mit den Prayer Camps fortzuführen, und zwar als integrierten Bestandteil des übergeordneten Modellprojekts Samentacom. Die Planung dazu hat uns während des ganzen Jahres 2024 beschäftigt und ist derzeit (Stand Juli 2025) immer noch nicht abgeschlossen. Die Versorgung der schwer psychisch und epileptisch erkrankten Patient*innen wird in 7 Centres de Santé fortgesetzt und weiterhin regelmäßig supervidiert. Aber wir haben es bisher (Stand Juli 2025) nicht geschafft, die Camps de Prière in ausreichendem Maße in die Arbeit von Samentacom zu integrieren. Dabei spielen weniger finanzielle als personelle Probleme auf ivorischer Seite eine Rolle. Der Wechsel von Professor Koua auf die politische Ebene ist ein Gewinn für die Elfenbeinküste, aber ein Verlust für MCF-CI und MCF. Wenn wir die Arbeit von Samentacom mit Integration der Camps de Prière im Umfange von 2023 fortsetzen wollen, brauchen wir vor allem eine therapeutische Leitung und einen neuen Antrag zur Kooperation mit einer weiteren Stiftung wie z. B. den Schmitz-Stiftungen, mit denen wir auch 2023 zusammengearbeitet haben. Wir versuchen weiterhin, dies zu organisieren und unterstützen bis dahin wie in den Vorjahren die Arbeit von Samentacom.
In Burkina Faso unterstützen wir weiterhin das Projekt „Yenfaabima“ in Piéla. Es handelt sich um ein von Pfarrer Tankpari Guitanga initiiertes ambulantes Behandlungszentrum für psychisch kranke Menschen und Menschen mit Epilepsie. Wir beteiligen uns an der Finanzierung des Gehalts von Timothée Tindano, dem psychiatrischen Fachkrankenpfleger, und an der Finanzierung von Medikamenten für die Patient*innen, denen das Geld für die Bezahlung von Medikamenten fehlt. Die Sicherheitslage rund um Piéla hat sich 2024 weiter verschlechtert. Terroristische Überfälle auf die umliegenden Dörfer haben dazu geführt, dass viele Menschen in die Stadt geflüchtet sind. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist ein erhebliches Problem. Eine aufsuchende psychiatrische Arbeit ist unter diesen Bedingungen nur eingeschränkt möglich und mit Gefahren verbunden. Ein agent de santé ist auf dem Weg zu Patientinnen, drei Patientinnen sind in ihren Dörfern ermordet worden. Die psychiatrische Arbeit des Projekts besteht derzeit in der ambulanten Versorgung von ca. 100 Patientinnen im Monat, einigen Hausbesuchen durch die agents de santé und durch Pfarrer Guitanga, der Aufnahme einiger Patient*innen im Zentrum von Yenfaabima zu stationären Kriseninterventionen und öffentlichen Veranstaltungen zur Aufklärung über schwere psychische Erkrankungen und Epilepsie. Wir setzen unsere Unterstützung unverändert fort und hoffen, dass sich die Situation bessert und die psychiatrische Arbeit intensiviert werden kann.
In Kamerun unterstützen wir seit diesem Jahr die gemeinnützige Organisation „Hand on Heart Cameroon“ (HoH), die sich die Verbesserung der psychischen Gesundheitsversorgung zur Aufgabe gemacht hat. Die Organisation wurde von Sandrine Tchouamou Magwa gegründet, inspiriert durch deren persönliche Erfahrungen mit den Herausforderungen der psychischen Gesundheit in ihrer Familie. Zu den Hauptaktivitäten von HoH gehören die Durchführung von Bildungskampagnen, um die Öffentlichkeit über psychische Gesundheit und Wohlbefinden zu informieren, und die Organisation von Veranstaltungen wie dem Weltgesundheitstag, um die Gemeinschaft zu sensibilisieren. Darüber hinaus arbeitet HoH daran, Anlaufstellen für Menschen einzurichten, die psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlungen benötigen, und den Zugang zu erschwinglicher psychischer Gesundheitsversorgung zu verbessern, einschließlich Beratung und Medikation. In Kollaboration der Mindful Change Foundation etabliert HoH in Mfou, einem ländlichen Bezirk in Kamerun südöstlich der Hauptstadt Yaoundé, bis Ende 2024 ein sechsmonatiges Pilotprojekt. Mit einem finanziellen Volumen von insgesamt 11.500 Euro zielte dieses Projekt darauf ab, das dortige öffentliche Distriktkrankenhaus um eine Anlaufstelle für psychisch kranke Menschen zu erweitern. Sie dient nicht nur der direkten Patientenversorgung, sondern auch als Schulungszentrum für das lokale Gesundheitspersonal und als Basis für Aufklärungskampagnen in den umliegenden Dörfern. Dabei hat sich jedoch herausgestellt, dass der Chef des Krankenhauses zu einer Zusammenarbeit nicht wirklich bereit war, so dass dieses Ziel nicht erreicht wurde. Ein neuer Ort für das Zentrum wird gesucht (Stand Juli 2025) und Beziehungen zu anderen Krankenhäusern werden 2025 ausgebaut.
Vor dem Hintergrund der Ziele von MCF sollen die auf dem Land in der Nähe von Youndé (der Hauptstadt) vorhandenen Ressourcen an psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten verbessern werden. Es soll die Schulung von Krankenpfleger:innen in einigen Centres de santé und deren Supervision organisiert werden, so dass psychisch kranke Menschen behandelt werdem? Darüber hinaus sollen weitere Agents de santé ausgebildet werden, die die Patient*innen in den Dörfern finden und aufsuchen. Für diese Arbeit sollen auch Psychiater*innen gewonnen werden, die in der Nähe aktiv sind. Angesichts der Breite der Aufgaben und Tätigkeiten von HoH, zu denen auch psychologische Schulungen gehören, wird angeregt, die Tätigkeiten in dem Sinne zu modularisieren, dass ersichtlich ist, was davon im Sinne der Ziele von MCF finanziert werden kann. Dazu gehört an erster Stelle die Verbesserung der psychiatrischen Versorgung, aber auch Aufklärungs- und Antistigmatisierungskampagnen in Bezug auf schwere psychische Erkrankungen.
Seit dem Sommer 2024 unterstützen wir ein Projekt auf der Insel Flores in Indonesien. Auf Flores befinden sich Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihre Familien aufgrund weit verbreiteter Stigmatisierung und begrenztem Zugang zu psychiatrischer Gesundheitsversorgung in einer schwierigen Lage. Die Insel ist Heimat von rund zwei Millionen Menschen. Die psychiatrische Versorgung konzentriert sich überwiegend auf größere Städte, während sie in ländlichen Gebieten kaum vorhanden ist. 2024 arbeiten in zwei Städten drei Psychiater, die nächsten psychiatrischen Krankenhäuser befinden sich erst auf den Nachbarinseln (Bali oder Westtimor). In Indonesien wird das Fesseln von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder das Einsperren in enge Räume als „Pasung“ bezeichnet. Besonders gravierend ist das Fesselnder Unterschenkel in Baumstämmen, sodass die Patient*innen sich nicht einmal drehen können. Dies kann über Jahre geschehen. Es geschieht aufgrund mangelnder Alternativen, des Drucks aus Familie und Gesellschaft sowie der verbreiteten Annahme, dass die unverständlichen Verhaltensweisen durch dämonische Einflüsse verursacht werden. Trotz des dringenden Bedarfs investiert die indonesische Regierung weniger als 1 % ihres Gesundheitsbudgets in den Bereich der psychischen Gesundheit. Die Situation psychisch kranker Menschen in Indonesien wird seit Jahren auch international angeprangert (z. B. durch Human Rights Watch). Diese Öffentlichkeitsarbeit hat bereits zu Verbesserungen geführt.
Wir unterstützen in Indonesien vor allem die Laiengruppe Kelompok Kasih Insanis (KKI: „Gruppe aktiver Nächstenliebe“), die 2016 von Pater Avent Saur gegründet wurde. Die KKI ist mit einem Expertenteam in Jakarta vernetzt, das sich Jiwa Merdeka („freie Seele“) nennt und 2018 in Jakarta gegründet wurde. Es besteht aus Psychiater:innen, Psycholog:innen, Fachkrankenschwestern und kümmert sich vor allem um die Notpsychisch kranker Menschen und ihren Angehörigen in Ostindonesien. Sr. Dr. Anke Böckenfoerde, eine Psychiaterin aus Deutschland, hat mehrere Jahre in diesem Team und mit der Laiengruppe KKI gearbeitet. Sie ist seit 2024 Mitglied des Beirats von MCF. Die Aktivitäten von KKI und Jiwa Merdeka bestehen vor allem in Besuchen der Patientinnen und ihrer Familien, der Ermöglichung einer Behandlung und der Reintegration und vorbeugenden Behandlungen von Patientinnen, die aus Pasung befreit sind. Es werden auch Webinare und Veranstaltungen vor Ort für Familien, lokale Gesundheitsbehörden, Sozialbehörden, Volksvertreter, Polizei, Oberstufenschüler*innen, Lehrer*innen u. a. veranstaltet. Wir unterstützen die Arbeit von KKI seit dem Sommer 2024.
Der Beirat hat die Beratung und Unterstützung des Vorstands zur Aufgabe. So verfügen wir über mehr Kompetenz, für einzelne Projekte, bei komplexen technischen Herausforderungen, aber auch für die Ausrichtung der Stiftung. Wir sind den sechs Mitgliedern des Beirats sehr dankbar für ihre Bereitschaft, bei uns mitzuarbeiten und freuen uns auf diese Zusammenarbeit, die gerade beginnt. Hier die Zusammensetzung des Beirats:
Dr. med. Anke Boeckenfoerde
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
Missionsärztliche Schwester
Prof. Dr. Johannes Fischer
Professor emeritus für Theologische Ethik
Dr. med. Jürg Skalsky
Facharzt für Allgemeine und Innere Medizin
Facharzt für Tropen- und Reisemedizin
Sandrine Hinrichs
M.Sc. Psychologie, Doktorandin (Kognitionswissenschaften)
Sharon Huppertz
M.Sc. Development Studies, B.A. Digitale Medienkultur, Stud. Med.
Dr. med. Fariedeh Huppertz
Fachärztin für Psychotherapeutische u. Psychosomatische Medizin